Kinder und Jugendliche

Kids

Es ist nie zu spät, eine Kampfkunst oder eine Kampfsportart zu erlernen. Besser ist es jedoch, wenn man so früh wie möglich mit dem Training beginnt. Kinder haben nunmal den natürlichen Drang, sich zu bewegen und sich auszuprobieren und entwickeln dabei ein natürliches Gefühl für ihre Kräfte aber auch für ihre Grenzen. Warum darüber hinaus so ein Training für Kinder und Jugendliche ganz sinnvoll ist und was so alles Inhalte dieser Trainingseinheiten sein kann/sollte, kann im folgenden Artikel nachgelesen werden.

Erwachsene nehmen Kinder häufig nicht ernst

Kinder brauchen Gemeinschaften, in denen sie sich geborgen fühlen, Aufgaben, an denen sie wachsen und Vorbilder, an denen sie sich orientieren können.

Gerald Hüther – Vorwort im Buch „Was Kinder brauchen“

Kid mit Handschuhen

Kampfsportarten lösen bei vielen Erwachsenen eher Bedenken und Skepsis aus. Die meisten Eltern haben bei Kampfsportarten Bedenken, wenn es um ihre eigenen Kinder geht. Häufige Aussagen und Fragen sind: „Da lernen die doch, wie man angreift!“ oder „Lernen sie dort, sich zu verteidigen, oder wie man sich auf dem Schulhof besser prügelt?“ oder „Der ist schon so aggressiv, jetzt erlernt er auch noch einen Kampfsport – dass passt nicht!“.

Dabei wird häufig missachtet, dass für Kinder die gleichen Regeln, wie für Erwachsene gelten: Bei körperlichen Angriffen, darf man sich körperlich wehren. Besonders in Kindergärten und Schulen – also unseren größten Sozialisationsinstitutionen – werden diese Rechte kontinuierlich erzieherisch unterwandert. Wird ein erwachsener – wo auch immer – angegriffen, wird er sich unweigerlich entsprechend des Angriffes verteidigen. Wird ein Kind – insbesondere ein Junge – angegriffen und versucht sich zur Wehr zu setzen, wird es zumeist von den Erwachsenen gebremst. Dabei folgt diese „Bremsung“ zumeist keinen pädagogischen oder logischen Gründen. Zumeist haben die betreffenden Erwachsenen die Ursache gar nicht gesehen oder mitverfolgt, wollen ihre Ruhe haben und/oder sind mit der Situation überfordert. Was passiert? Häufig ist ein Verursacher nicht auszumachen, beide Kontrahenten werden ermahnt und sollen sich – zur Versöhnung – die Hand reichen.

Für das Kind entsteht somit ein Dilemma: Wird es körperlich angegriffen, leidet es sowohl unter den Schmerzen und Demütigungen des Angriffs, als auch unter der Hilflosigkeit des eigenen nicht-reagieren-dürfens und evtl. sogar unter den Maßregelungen des Erziehers/Lehrers. Genau dieser festgefahrene Handlungsstrang ist fatal für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen, denn darunter leidet nicht nur deren Gerechtigkeitssinn und moralisches Empfinden, sondern auch deren emotionales Gleichgewicht und letztlich das Selbstwertgefühl.

Dabei haben Kinder bereits im frühen Alter ein gutes Gefühl für ihre eigenen Kräfte. Da wird geschubst, gedrängelt, gezogen, gezwickt und später auch gerauft und gerungen. Entscheidend hierbei ist, Kinder ernst zu nehmen, ihre Entwicklung zu einem sozialen Wesen zu fördern, ihre Bedürfnisse und Interessen zu erkennen, aufzugreifen und ihnen das entsprechende Lernfeld zu bieten, um ihre eigenen Erfahrungen zu machen, aus denen sich später Erkenntnisse für das Leben ergeben.

 

Etwas, bei dem Kinder und Jugendliche unter sich bleiben

Eine Kampfkunst, die sich speziell mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt, bietet genau dieses Lernfeld. Mit einem entsprechenden Konzept setzt sie dabei auf die Bewegungslust der Kinder undKörperabbiegen Jugendlichen und unterstützt und fördert die Kids gleichfalls im sich-erfahren und sich-ausprobieren. Dabei kommt es nicht darauf an, Techniken zu erlernen, um sie für einen eventuellen Ernstfall zu perfektionieren. Im Training wrden vielmehr die Voraussetzungen für ein späteres Lernen und Auftreten geschult, sowohl im sportlichen, wie auch im alltäglichen Bereich. Nach und nach kommen die physischen Aspekte zum Einsatz. Die Kinder und Jugendlichen trainieren Übungen für ihr eigenes Körpergefühl und ihre eigene Körperspannung, ohne dabei ihren jeweiligen Entwicklungsstand, ihre geistige und körperliche Reife sowie ihre soziale Kompetenz zu überfordern.

Das im Training integrierte Konditions- und Koordinationstraining bewirkt mit der Zeit nicht nur eine physisch und psychisch aufrechte Haltung des Kindes/des Jugendlichen, sondern auch eine Beherrschung der eigenen Körpermechanik, wie z. B. Gleichgewichtssinn, Distanzgefühl, Timing, Dynamik und Schnelligkeit. Darüber hinaus fördert das Training das visuelle System der Kinder und Jugendlichen. Sie lernen, ihre Umwelt besser zu beobachten und nehmen entsprechend mehr Details wahr, die ihnen wiederum Rückschlüsse auf die Gegebenheiten einer Situation ermöglichen (z. B. gefährlich, herausfordernd, zu bewältigen, einfach). Die Kinder lernen also nicht, wie man sich richtig schlägt und/oder andere unterdrückt, sondern wie man Physis und Psyche fit hält, ein gesundes Selbstwertgefühl entwickelt, einen natürlichen Zugang zu Problemen und Lösungen findet und sich in Extremfällen gegen geistige oder körperliche Übergriffe zu wehren weiß.

Das Erlernen einer Kampfkunst oder eines Kampfsportes steht dabei natürlich im Mittelpunkt eines derartigen, spezifischen Trainings für Kinder und Jugendliche. Egal, welche Kampfkunst oder welche Kampfsportart trainiert wird: Ein solches Konzept ist immer und überall anwendbar.

 

Das Innenleben der Kinder nutzbar machen

Abgerundet werden die praktischen Übungen durch ganz unterschiedliche Trainingsmethoden, so z. B. durch Partnerübungen, durch Drills (eine immer wiederkehrende Abfolge einer Technikreihe aus der Bewegung), durch die Bewältigung von persönlichen Herausforderungen mittels Parkours (ähnlich dem Lé Parkour), durch Sparringseinheiten (Übungskämpfe, Raufen, Ringen), durch ein altersentsprechendes Konditions- und Koordinationstraining und durch eine sehr persönliche bzw. individuelle Begleitung der jeweiligen Kinder bzw. Jugendlichen und den entsprechenden Rückmeldungen, Motivationen und Inputs. Je nach dem, ist diese Liste beliebig erweiterbar.

Kinder kickenMit diesen Kampfkünsten wird auch das taktile und kinästhetische System der Kinder durch ein derartiges Training geschult. Somit spricht das Training bei den Kindern und Jugendlichen Ebenen an, die – neben des körperlich anspruchsvollen Trainings – einzigartig sind und unbedingt bedient werden sollten.

Im taktilen Bereich zielen die Übungen zunächst auf die Selbstwahrnehmung ab. Durch diese äußerliche Sensibilisierung lernen die Kinder und Jugendlichen, sich durch die Störungen aus ihrem Umfeld z. B. durch Druck, Zug, Drehungen und Stolpern nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen und Strategien und Taktiken zu entwickeln, die das innere und äußere Befinden in der Waage halten.

Das „kinästhetische“ System wird überall dort trainiert, wo das taktile System überfordert ist. Beim kinästhetischen System handelt es sich – vereinfacht ausgedrückt – um eine Art Sinnesorgan, welches in das Innere des Körpers hineinsieht bzw. hineinhört. So z. B. ist es möglich, bei geschlossenen Augen mit dem eigenen rechten Zeigefinger exakt die eigene linke Handinnenfläche zu berühren, egal wo sich die jeweiligen Hände positionieren und wie weit sie voneinander entfernt sind. Durch diese Tiefensensibilisierung lernen die Kinder und Jugendlichen, die jeweiligen Zustände z. B. ihrer Muskeln, Sehnen und Bänder durch Druck, Zug, Streckung und Zusammenziehen zu erkennen, zu beeinflussen und zugunsten verschiedenster Bewegungen zu nutzen, z. B. um sich schnell und reflexartig zu Bewegen oder nachhaltig zu dehnen.

 

Wer so ein Training leiten sollte

Ein Trainer mit umfassenden pädagogischen und physiologischen Kenntnissen, der darüber hinaus langjährige, praktische Erfahrungen im Umgang mit Kindern und Jugendlichen hat, wäre für die Aufgabe der Leitung eines solchen Trainings geradezu prädestiniert. Natürlich ist das kein „muss“, insbesondere dann nicht, wenn so ein Trainer aus den eigenen Reihen kommt und die Kinder evtl. schon von vielen Trainingseinheiten kennt. Bedenkt werden sollte allerdings, dass unerfahrenere Trainer häufig Situationen nicht richtig erfassen, bestimmte Dynamiken nicht gewinnbringend genutzt werden, evtl. viel zu schnell eingegriffen und deligiert wird und somit den Kindern und Jugendlichen – oder der Gruppe – Mitverantwortung und/oder Mitgestaltung genommen wird. So etwas kann das Vertrauen der Beteiligten durchaus nachhaltig beschädigen. Häufig konzentrieren sich unerfahrenere Trainer auch mehr auf das Training von Techniken und bewerten das „drumherum“ als nicht so wichtig. Bei Kindern und Jugendlichen kann aber genau dieses „drumherum“ wichtig sein. Gerade im direkten, persönlichen Kontakt liegt die Chance, die Kids tief zu berühren, sie zu motivieren, ihren Selbstwert zu steigern und sie letztlich ernst zu nehmen.

Die Zielgruppe sollten Kinder nicht unter 9 Jahren sein, da erst ab diesem Alter eine gewisse Nachhaltigkeit in den Techniken zu erwarten ist. Wie immer bestätigen Ausnahmen die Regel. Auch sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass ein derartiges Training keinesfalls als Ergänzung von Therapien und/oder pädagogischen Interventionen geeignet ist. Hierfür gibt es nicht umsonst andere, professionellere Möglichkeiten. Letztlich sollen die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen von diesem Angebot persönlich profitieren und nicht Teil einer oder mehrerer anderer Maßnahmen werden.

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen