Gut werden

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Jeder, der einen Sport neu beginnt oder bereits betreibt, hat vermutlich den Vorsatz, seine physischen und/oder psychischen Attribute zu verbessern. So z. B. spielen Millionen von Bundesbürger in Deutschland Fußball und sind in diversen Vereinen organisiert. Die wenigsten schaffen es dabei, in den oberen Ligen mitzuspielen. Die meisten Fußballer tummeln sich daher in den unteren Ligen, obwohl ihr Ziel eigentlich ein anderes ist, nämlich „gut“ zu sein bzw. zu werden. Daraus ergibt sich die spannende Frage, woran es wohl liegen mag, dass nur einige wenige Sportler so gut und ganz viel andere nicht so gut werden.

Der Ausgangspunkt

Die folgenden Überlegungen gehen davon aus, dass Interessenten ein Training beginnen, um sich selbst zu verbessern. Da sich die vielen Angebote auf unterschiedliche Schwerpunkte verteilen (z. B. Turnen, Schwimmen, Fußball), wird angenommen, dass jemand, der z. B. in einen Fußballverein eintritt, auch die Idee hat, seine fußballerischen Fähigkeiten und die hierzu notwendigen konditionellen Voraussetzungen zu verbessern. Ansonsten würde der Eintritt in einen Fußballverein keinen Sinn machen. Es sei denn, Kinder werden von ihren Eltern zur Teilnahme an einem Training gezwungen. Genauso ist es mit dem Turnen und Schwimmen, aber auch mit der Kampfkunst. Jemand, der in einen Kampfsportverein eintritt, will sich verändern im Sinn von „verbessern“. Bedeutet: Die Folgenden Gedanken sind nicht für diejenigen gedacht, die sich „just for fun“ irgendwo anmelden und eigentlich keinen großen Anspruch an das Angebot haben.

Ebenso sind von diesen Überlegungen Trainer ausgeschlossen, die mit wenig Eigenmotivation und wenig Blick für die einzelnen Mitglieder tätig sind, sie dadurch weder motivierend und/oder fördernd wirken können, keine Augen für ihren talentierten Nachwuchs haben, den Trainierenden lediglich einen „Einheitsbrei“ servieren und den Spaßfaktor in den Vordergrund stellen.

Trainer spielen eine wesentliche Rolle, wenn es um den Rahmen des Trainings geht. Dies macht sich vor allem im Bereich des „Spaß-Faktors“ sichtbar. Wenn der Rahmen eines Trainings eher unstrukturiert und unverbindlich gesetzt wird und Spaß in diesem Sinne bedeutet, hauptsächlich dass zu trainieren, was eben auch nur Spaß macht, begrenzt dieser Rahmen bereits die Möglichkeiten von Fortschritten der Trainierenden elementar. Grund hierfür ist, dass sich innerhalb dieses Rahmens ausschließlich auf „Lieblingsdinge“ fokussiert wird und das gesamte Drumherum, so auch grundlegende, begleitende und weiterführende Inhalte, Prinzipien und Techniken, ausgeblendet sind.

Um dies noch einmal bildhafter zu erklären: Wird ein Fußballtrainer im Training seine Spieler überwiegend oder ausschließlich Spielen lassen, weil das am meisten Spaß macht, werden die Spieler auf Dauer – obwohl das Spielen ja selbst viel Spaß macht – nicht davon profitieren können. Sie werden i. d. F. stets von anderen, geübteren Mannschaften besiegt und so insgesamt die Lust am Fußball und/oder Fußballspielen verlieren. Das Beispiel macht deutlich: Spaß allein perforiert die Trainingseinstellung.

Insofern muss der Rahmen eines Trainings stimmen: Er muss abwechslungsreich sein, sollte sämtliche Inhalte einer Sportart ausfüllen und jeden Trainierenden mitnehmen. Dafür sind die Trainer verantwortlich und genau dafür werden die Trainer ausgebildet. Wenn also der Motor eines Trainierenden in ihm selbst zu finden ist, ist das Training und der Trainer der Treibstoff.

Letztlich geht es bei den folgenden Überlegungen nicht um die Ausbildung von Meistern und Weltmeistern, sondern lediglich um den Zusammenhang und das Verhältnis zwischen der Eigenleistung und Fortschritten. Hier entscheidet jeder Trainierende für sich, wohin er will. Wie es immer so schön heißt: „Der Weg ist das Ziel“. In diesem Sinne muss man sich eben auch auf den Weg machen wollen…

 

Was ist „gut“?

Wie ist man eigentlich, wenn man in der Kampfkunst zu den „Guten“ gehört? Und: was ist eigentlich „gut“? Schwierige Fragen, die sich so einfach nicht beantworten lassen. Hier zeigt sich die Kampfkunst auch durchaus ambivalent: Einerseits möchte sie eine breite Masse erreichen. Nicht der Sportler, sondern der Sport steht im Vordergrund. Die häufigste Frage ist nicht die nach dem Sportler selbst, sondern die, welche Kampfkunst eigentlich die beste ist. Andererseits ist Individualität durchaus gewünscht und in den Werbekampagnen werden Interessenten bzw. eher deren Bedürfnisse persönlich angesprochen, z. B. beim Thema „Sicherheit“.

Demnach lässt sich die Frage, was eigentlich „gut“ ist, nur individuell beantworten. So kann für den Einen „gut“ sein, dass er die Prüfungen bis zum schwarzen Gürtel geschafft hat, für einen Zweiten, wenn er regelmäßig Wettkämpfe gewinnt, für einen Dritten, wenn er akrobatische Kicks umsetzen kann, für einen Vierten, wenn er sich in einem Straßenkampf (Schlägerei) bereits mehrere Male erfolgreich zur Wehr gesetzt hat und für einen fünften, wenn er seinen Körper sichtbar für alle durch das Training in einen attraktiven Zustand versetzt hat. Manche bezeichnen sich auch als „gut“, wenn sie nach einigen Jahren Trainings immer noch Lust und Hunger auf mehr haben und somit den Spaß nicht verlieren. Wenige verbinden einzelne der o. g. Zielsetzungen miteinander. Eine anerkannte Definition, wie man eigentlich ist, wenn man „gut“ ist, gibt es nicht. Hier zählt der eigene Maßstab, mit der Sicht auf sich selbst, dem eigenen Wohlbefinden, den eigenen Ansprüchen und den Rückmeldungen aus seinem Lebensumfeld bzw. der Öffentlichkeit.

Faktisch ist daher zur Beantwortung der Frage das eigene Ego eine unumgängliche Größe. Gerade jüngere Sportler suchen nach Ruhm und Anerkennung. Sie möchten ihre erworbenen Fähigkeiten und ihr Können nicht für sich behalten, sondern einem großen Publikum präsentieren. Internet-Plattformen, wie YouTube, Clipfisch, Twitter und Facebook eröffnen damit eine weitere Dimension des „gut“ seins: Es geht nicht nur um die eigenen Fähigkeiten, sondern auch um deren gewinnbringende Vermarktung. Das jeweilige Können soll berühmt werden, letztlich ist es ein Traum vieler, berühmt zu werden, der häufig noch vor dem Wunsch steht, „gut“ zu sein.

Philosophisch gesehen kann allerdings immer nur der Weg das Ziel sein. Letztlich ist z. B. nach dem Wettkampf wieder vor dem Wettkampf, nach der Prüfung zum Schwarzgurt wieder vor der Prüfung zum nächsten DAN-Grad und nach dem Training wieder vor dem Training. Und sowieso: Nach dem letzten Video, welches online gesetzt wurde, ist vor dem nächsten Video, dass online gesetzt werden muss, um das Interesse an seine Person aufrecht zu erhalten. So gesehen könnte eine weitere Antwort auf die Frage, wie man ist, wenn man „gut“ ist, auch die sein, dass man über eine sehr lange Zeit sein antrainiertes Niveau kontinuierlich halten und evtl. sogar noch steigern konnte. Aber auch hier könnte man sofort wieder ansetzen und sich über die Qualität des Wortes „Niveau“ auseinanderzusetzen.

Sei du selbst, bring dich selbst zum Ausdruck, habe Vertrauen zu dir selbst. Ziehe nicht los und suche nach einer erfolgreichen Persönlichkeit, um ihr nachzueifern.

Bruce Lee

 

Eine Annäherung

Damit wir uns der Frage nach dem „gut sein“ zumindest etwas objektiver nähern, wird zunächst der Versuch unternommen, die Eigenschaft „gut“ genauer zu definieren. Wie ist man also bzw. was für Attribute muss man in sich vereinigen, um „gut“ zu sein. Dabei handelt es sich insgesamt um Eigenschaften, die als objektiv (sichtbar), wenngleich z. T. auch erst durch längeres oder wiederholtes Beobachten, „gut“ zu identifizieren sind. Je mehr sich die folgenden Punkte in einer Person subsumieren, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person „gut“ ist:

  • Viel Kraft
  • Psychische Stabilität
  • Hohes Selbstwertgefühl
  • Gute Dehnung
  • Hohe Beweglichkeit
  • Schnelle Auffassungsgabe
  • Gutes Umsetzungsvermögen
  • Hohe Intelligenz
  • Hohe Vielseitigkeit
  • Gute Ausdauer
  • Hohe Gelenkigkeit
  • Technische Brillanz
  • Hohe und gleichbleibende Motivation
  • Hohe Durchsetzungsfähigkeit

Damit wären wohl die wichtigsten Elemente aufgezählt, die einen Sportler als „guten Sportler“ identifizieren. Zu konstatieren ist, dass diese Attribute ganz persönliche Attribute sind und nichts mit einer Sportart zu tun haben. Bedeutet: Die obigen Eigenschaften, verinnerlicht in einer Person, macht eben diese Person erst zu einem z. B. „guten“ Turner, einem „guten“ Schwimmer, einem „guten“ Fußballer oder aber auch zu einem „guten“ Kampfkünstler. Daher die folgende These:

Ohne eine möglichst große Anzahl der o. g. Attribute in sich zu vereinigen, wird es einem Sportler nicht möglich sein, in seinem Sport „gut“ zu werden.

Vorausgesetzt, man kommt mit den o. g. Attributen nicht auf die Welt: Was kann jemanden in die Lage versetzen, all diese Eigenschaften in sich zu vereinen? Hierauf gibt es drei ganz einfach Antworten, zumindest für die meisten der o. g. Eigenschaften: Training, Training und nochmal Training.

 

Das Training

Gut werden

Sicherlich kann man darüber philosophieren, ob ein „guter“ Trainer auch gleichfalls nur „gute“ Schüler hervorbringt. Eine berechtigte Frage, denn viele „gute“ bzw. erfolgreiche Trainer werben ja mit ihren Vorteilen. Allerdings kann auch der beste Trainer mit seinem besten Training nur jene Schüler erreichen, die wiederum die erforderlichen Attribute mitbringen, um die Essenz eines Trainings auch gewinnbringend und nachhaltig aufnehmen zu können. Denken wir z. B. an große Musiker, große Dichter und an große Sportler und an deren Schüler. Letztlich wurde nicht jeder Schüler eines „großen Guten“ selbst „gut“.

Ein Training ist ein Training. Ausgehend von der These, dass sich kein Trainer dieser Welt absichtlich vornimmt, seine Schüler schlecht zu trainieren, ist jedes Training prinzipiell „gut“. Hier könnte man die Trainer höchstens nach ihren Kompetenzen und/oder Erfahrungen beurteilen, obgleich auch dieser Maßstab z. B. aufgrund von fehlender Weiterbildung kaum anzusetzen ist. So können auch „ungelernte“ Trainer „gute“ Trainer sein.

Zur Beantwortung der Frage ist es also unvorteilhaft, vom Individuum selbst abzuschweifen. Befassen wir uns also lieber direkt mit den Leuten, die „gut“ werden wollen. Hier vereint sich letztlich alles zu einem Ganzen, so auch die o. g. Attribute mit den Inputs der Trainer. Demnach wäre also die entscheidende Frage, wie ein Schüler trainieren muss, damit er „gut“ werden kann. Dazu die folgenden beiden Ideen, die eigentlich selbsterklärend sind:

Regelmäßige Trainingsteilnahme,
möglichst jede Trainingseinheit mitnehmen. Bedeutet: Andere Anforderungen im Leben, wie z. B. Schule und Beruf sind so gut zu organisieren, dass einer regelmäßigen Trainingsteilnahme nichts im Wege steht.

Motivierte Trainingsbeteiligung,
ungeachtet dessen, welche Inhalte im Training durchgenommen werden und wie intensiv das Training ist. Ob ein Training langatmig oder kurzweilig ist, spielt keine Rolle, jedes Training wird konsequent, diszipliniert und motiviert durchgeführt.

 

Das Fazit

Die beiden wichtigsten Eigenschaften, die ein Sportler unbedingt haben muss, um auch „gut“ werden zu können, sind also einerseits seine hohe Trainingsanwesenheit (möglichst zu jeder Einheit), andererseits seine dann hohe Trainingsmotivation, die ihn auch dann nicht aus der Bahn wirft, wenn ein Training mal nicht optimal läuft. Er reduziert sich nicht nur auf seine persönlichen Vorlieben, sondern nimmt alles mit. Damit schafft er sich nicht nur eine große Basis an Wissen und Können, sondern bleibt darüber hinaus sowohl physisch als auch psychisch offen und vielseitig. Ein „guter“ Sportler diskutiert nicht mit seinem Trainer kritisch über das Training, sondern bleibt selbstkritisch bei sich. Das bedeutet nicht, dass nicht kritisch über ein Training gesprochen werden kann. Es bedeutet nur, dass derartige Gespräche, um ebenfalls gewinnbringend zu sein, einen anderen Rahmen bzw. ein anderes Gesprächssetting bedürfen.

Ein guter Schüler ist sich über sich selbst bewusst und hat verstanden, dass zwischen ihm und dem „gut sein“ ein Weg liegt, den er selbst beschreiten kann. Macht er sich auf den Weg, stehen Kontinuität und Konsequenz ganz oben auf der Agenda. Ein Trainer kann seinen Sportler auf diesen Weg lediglich unterstützen aber weder ziehen, noch drücken oder tragen, sofern er keine Lust mehr zum Weiterlaufen hat.

Jeder, der bisher „gut“ wurde, wird das bestätigen können: Erfolg zu haben und „gut“ zu sein ist eine Sache, die von innen heraus entstehen muss. Es ist also eine Frage der Einstellung zu sich, zu seinem Sport, letztlich auch zu seiner Lebenspraxis und seinem Lebenssinn. Auch wenn jemand viele gute Attribute in sich vereint aber nur unregelmäßig zum Training kommt, wird er zwar für sich – mehr oder weniger – Fortschritte machen, zum „gut sein“ wird es aber irgendwann an Grenzen stoßen.

Um es deutlich zu sagen: Jeder Sportler, der regelmäßig und verlässlich trainiert und in jeder dieser Trainingseinheiten immer komplett abliefert (also an seine Leistungsgrenze geht und darüber hinaus) und motiviert ist, hat das Potential, gut zu werden. Im Umkehrschluss haben die Sportler, welche unregelmäßig trainieren und beim Training selbst zwar motiviert dabei sind aber nie an ihre Leistungsgrenzen gehen, kaum bis keine Chance gut zu werden. Dieses simple und logische Prinzip gilt für alles, was man so im Leben bewerkstelligt, also nicht für den Sport oder die Freizeit, sondern z. B. auch für die Schule oder den Beruf. Und mal ehrlich: Eigentlich erkläre ich hier auch nichts Neues – oder?

Meiner Erfahrung nach trainieren ca. 95 – 98 % aller Kampfsportler mit einem mittelmäßigen Engagement. Sie sind zwar dabei und bemühen sich, haben aber nicht die Eigenschaft bzw. den Willen, an Intensität zuzulegen. Dies kann leicht zum Problem werden, da viele Sportler ihre Motivation gleichfalls wenig bis gar nicht ehrlich hinterfragen. Machen sie dazu keine sicht- bzw. merkbaren Fortschritte mehr, neigen sie dazu, dem Training bzw. dem Trainer dafür verantwortlich zu machen. Gängige Argumentation sind: Das Training ist entweder viel zu abwechslungsreich oder gar nicht abwechslungsreich, viel zu sehr auf Anfänger oder viel zu sehr auf Fortgeschrittene ausgerichtet oder bestimmte Techniken bzw. Distanzen werden entweder zu viel oder zu wenig bedient.

In den meisten der o. g. Fälle ist dann folgendes Szenarium zu beobachten: Die zuerst motivierte Trainingsteilnahme wird weniger, begründet wird dies zumeist mit einer sich veränderten schulischen oder beruflichen Situation. Irgendwann verlassen die Betreffenden dann den Verein bzw. die Schule. Will sagen: Zum „gut“ werden bedarf es eben auch einer guten Einstellung zu sich und seinen Fähigkeiten, sowie eine gute und ausgewogene selbstkritische Sichtweise.

Also liebe Sportler, die ihr gut werden wollt: Beine in die Hände und ab zum Training. Trainiert regelmäßig und motiviert. Holt selbst aus der einfachsten Übung das Maximum an Leistung! Oder es mit unserer Trainingsphilosophie zu sagen:

Diskutiere nicht über das Training, sondern sei selbst das Training. Sei jede einzelne Stellung, jede Bewegung, jede Technik und jedes Prinzip. Sei dir über dich selbst bewusst, arbeite weiter an deinen Stärken und minimiere deine Schwächen. Mal machst du in einem Training Fortschritte, mal zeigt dir ein Training deine Grenzen, mal schafft ein Training neue Perspektiven. Sei du selbst und trainiere stetig, mein Freund!

Sai-Fon e.V. – Trainingsprinzip

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