Coronavirus: Wer hoch steigt…

Der Virus in unserer Gesellschaft

Das Corona Virus legt unser Leben lahm. Nichts geht mehr. Wie toll wäre nun ein Plan B? Den gibt es aber nicht. Warum? Weil das nicht unser Lebensstil ist. Wir wollen immer höher hinaus. Doch: Wer hoch steigt, kann tief fallen.

Diese Redewendung trifft den Punkt. Sie weist insgesamt auf 2 Missstände hin: Einen, den unsere Gesellschaft verursacht hat und einen, für den jeder von uns selbst verantwortlich ist. Dabei ist der freie Fall, in dem sich unsere Gesellschaft derzeit befindet, längst noch nicht abgeschlossen. Niemand vermag zu sagen, wo wir zu welchem Zeitpunkt aufschlagen und wie hart der Aufprall sein wird. Aber: Diese Fragen gehören eher zu den unangenehmeren. Besser, man beschäftigt sich mit Wunden lecken, Pflaster aufkleben und Hoffnung ausstrahlen.

Wer befindet sich im freien Fall?

Da plumpsen zunächst die vielen Selbstständigen. Zuerst waren sie stolz auf sich, etwas selbst geschaffen zu haben. Vielleicht haben Sie eine Marktlücke entdeckt, sich alles hart erarbeitet oder geerbt? Jetzt erleben sie die eigene Ohnmacht. Die harte Arbeit, all das investierte Geld und die viele Zeit verpuffen. Man steht vor dem persönlichen Ruin.

Ebenso haben die vielen kleinen und großen Konzerne und Firmen ihre Probleme. Ihre Stabilität war beispielhaft, ihren finanziellen Möglichkeiten schier unendlich. Sie überstanden Skandale, Krisen und Missmanagement. Erst das Corona-Virus hat es geschafft, klare Grenzen zu ziehen. Viele größere Konzerne haben sich selbst eine Pause auferlegt.

Auch der gesamte Apparat, der unsere Kultur aufrechterhält, ist infiziert. Die vielen Restaurants, Gaststätten und Imbisse, die Kulturzentren und Museen, die Kinos und Theater, die Zoos, Messen, die Bars, Clubs, Diskotheken und Etablissements. Dies alles und noch viel mehr: Geschlossen!

Letztlich: wir selbst. Wir, im Hamsterrad von Beruf, Familie, Freizeit und Spaß. Wir, die wir uns selbst als „die Größten“ ansehen. Was wir uns alles erarbeitet haben. Im Job haben wir jede Menge Geld verdient. Das Hobby zum Beruf gemacht, dem Mainstream gefolgt. Immer unterwegs und immer zu erreichen. Mobilität ist das Kennzeichen unserer Gesellschaft. Dazu gehören die Statussymbole unserer Zeit, wie das Auto, das Haus und der Urlaub. All dies geht nun nicht mehr. Wir werden reduziert auf unsere 4 Wände. Wir wurden ganz satt entschleunigt. Und nun stehen sie wohlmöglich auf dem Prüfstand: Das Auto, das Haus und der Urlaub.

Die Sogwirkung des Egos

Wir leben in einer „globalisierten Welt“. Alles ist miteinander verbunden. Unser Ego ist der Klebstoff, der alles zusammenhält. Er bindet alles an sich, lässt nichts los, greift alles und verzahnt es fest ineinander und hält ein Bild so lange zusammen, bis es den Halt in seiner Umgebung verliert. Erst dann gibt dieser Kleber seine Magie auf und alles zerfällt in seine Bestandteile. Das berühmte Kartenhaus. Es gibt ein Sprichwort dafür, was man vermeiden sollte, wenn man in einem Glashaus sitzt. Niemand scheint über das Problem nachgedacht zu haben, was man vermeiden sollte, wenn man realisiert, Teil eines Kartenhauses zu sein.

Wir stehen uns selbst im Weg. Unser Leben ist geprägt von Selbstdarstellung und dem Wunsch nach Anerkennung. Wir leben hauptsächlich aus der Dynamik impulsiver Phasen. Die meiste Energie verpulvern wir für den Erhalt unseres Images. Auf den ersten Blick tun wir alles für die Sicherung unserer Unabhängigkeit, um genau diese in der Folge zu verlieren. Das ist die Sogwirkung unseres Egos: Ein Leben in Widersprüchen. Wir klammern uns an Äußerlichkeiten und wirken stark, sind innerlich allerdings sensible und verletzlich. Wir beschäftigen uns permanent mit uns selbst und entfremden uns damit von unseren eigentlichen Bedürfnissen. Wir glauben, unser Wissen und Können wären genial und möchten viele Gleichgesinnte um uns versammeln, um uns feiern zu lassen. Wir verlieren genau damit das Gespür für Ehrlichkeit, Realität und Humanität. So leben wir tagtäglich mit vielen Menschen zusammen und sind dennoch einsam.

Die Sogwirkung unseres Egos produziert Trugbilder. Sie spiegelt die tiefe Sehnsucht in uns, anders als die Anderen zu sein. Sie fokussiert unseren Wunsch nach Erfolg und Anerkennung. So klettert jeder seine Leiter nach oben. Wer sich einmal auf den Weg gemacht hat, klettert immer weiter. Ein zurückschauen gibt es nicht. Eine Absicherung ist nicht notwendig, solange man nicht eingeholt wird. Ergo: man klettert immer schneller, ohne jemals anzukommen.

Unser Leben: Ein Uhrwerk

Hinzu kommt, dass wir unsere Gesellschaft nach dem Vorbild eines Uhrwerks organisiert haben. Alles greift ineinander, ist aufeinander abgestimmt und funktioniert nur in Abhängigkeit mit den anderen Teilen. Unsere Triebfeder ist der Profit. Höher, besser schneller. „Wie lange kann so etwas funktionieren bzw. wann bricht das alles zusammen…?“ … haben sich immer schon einige Menschen gefragt. Bisher handelte es sich allerdings um rein rhetorische Fragen.

Die Absicherung unserer Gesellschaft besteht darin, den Profit ständig zu erhöhen. Um dies zu realisieren, haben wir uns mit anderen Ländern vernetzt. Nicht, weil man Kontakte pflegen möchte. Die Arbeiter aus Polen und Rumänien sind an niedrigere Löhne gewöhnt, in Indien ist die Herstellung von Kleidung wesentlich billiger und China produziert die günstigeren Autoteile. Überall auf der Welt werden Dinge nur deshalb für unsere Gesellschaft produziert, weil die Menschen dort günstiger arbeiten.

Derweil wissen wir, dass die Qualität der Waren, die wir erhalten, dadurch nicht besser wurden. Im Gegenteil: Der Verschleiß wurde höher, unser Essen ungesünder. Hochwertigere Inhaltsstoffe wurden durch chemische Ersatzstoffe ergänzt. Argument: Der Kunde wünscht dies so. Nicht nur das: Unser Lebensstil hier beeinflusst die ganze Welt. Ob es das CO², der Feinstaub, der Plastikmüll oder das Feinplastik ist. Nichts an dieser globalisierten Welt hat für uns Menschen wirkliche Vorteile, außer dem Profit. Wir Menschen haben das Gespür dafür verloren, was gut und was weniger gut für uns ist. Vor allem aber: Wir leugnen diese Zusammenhänge und reden uns ein, besser zu sein, als wir sind. Zumindest schieben wir alles auf „den Anderen“. Das ist praktisch für unser Ego (siehe oben) und hält das Gewissen rein.

Indes versorgt uns ein irrer Apparat mit Lebensmittel. Alles hat sich verselbstständigt. Selbst die Wahrheit musste diesem Lebensstil angepasst werden. Auf die Frage, wo unsere Lebensmittel herkommen, hörte man bis vor kurzem noch die Antwort: natürlich von den Bauern. Heute ist man klüger: Nur die wenigsten Bauern in Deutschland produzieren etwas für die unmittelbare Umgebung. Wenn wir Glück haben, kommen einige Lebensmittel noch aus EU-Ländern. Beispiele: Äpfel kommen aus Zentral- und Westasien, Kartoffeln aus Südamerika, Tomaten aus dem Senegal. Natürlich wissen wir auch, wo unser Fleisch herkommt. Nicht vom Bauern, sondern von Mastanlagen. Kein Verbraucher wünscht sich das Fleisch gequälter Tiere. Dennoch bekommen wir das, was wir verdienen, Tag für Tag auf dem Silbertablett serviert.

Und dann sind da noch unsere Kinder. In so einer Krise sind sie schlichtweg über. Niemand weiß, wohin mit ihnen. Dabei hatte man sie zuvor so gut weg-geplant. Nicht, weil man davon überzeugt war, das Schule und Kindergarten als größte Sozialisationseinheiten gut für die Entwicklung der Kinder sind. Viele Eltern sind Gefangene ihres Lebens. Sie müssen arbeiten, um ihren Lebensstandard zu gewährleisten. Da ist es praktisch dann zu arbeiten, wenn die Kinder woanders untergebracht sind. Darüber nachdenken lohnt nicht, denn ändern kann man an all diesen Dingen eh nichts.

Eltern sollten die Bedürfnisse ihrer Kinder am ehesten kennen, haben allerdings schon mit ihren eigenen Bedürfnissen so ihre Probleme. Sich frei zu entfalten und auf niemanden Rücksicht nehmen zu müsse passt auf einen Single, nicht aber auf einen Familienvater oder eine Familienmutter. Kinder haben ein Grundrecht auf Erziehung und Eltern die Pflicht, diesem nachzukommen. Eigentlich alles geregelt, würden auch hier nicht Egos aufeinandertreffen, die zuvor recht erfinderisch darin waren, sich aus dem Wege zu gehen. Der Tag war entsprechend getaktet, ebenso das Wochenende. Letztlich soll jeder auf seine Kosten kommen. Und die gemeinsame Zeit miteinander? Was noch vor 50 Jahren eine Familie stabilisiert hat, kann heutzutage zu ihrem Untergang führen.

Die Abrechnung mit der Natur

Man sieht: Im engeren Sinne ist die eigentliche Krise die Abrechnung mit unserem bisherigen Lebensstil. Besser, schneller, höher. Genau nach diesem Prinzip haben wir gelebt. Nicht die Gesellschaft (also die Menschen) sondern die Wirtschaft (das Geld) bestimmte unser Leben bis in die kleinste Einheit. Nicht das Miteinander, sondern der Profit stand im Ranking ganz oben. Wenige verdienten viel, die Masse verdiente wenig. Die „soziale Schere“ ging umher. Diejenigen, welche von diesem Lebensstil profitieren, hatten auch die finanziellen Mittel, ihren Wohlstand zu verteidigen und ihn – darüber hinaus – auch noch human aussehen zu lassen. Niemand, der Profit macht, wird sich diesen nehmen lassen.

Diese Krise ist aber ein Fakt. Wir nehmen über eine Billionen EURO in die Hand, um das zu retten, was sich eigentlich selbst bewusst gegen die Wand gefahren hat. Ist es tatsächlich der Wunsch unserer Gesellschaft oder eher der Wirtschaft, dort anzuknüpfen, wo wir durch die Krise herausgeschleudert wurden? Heißt die Devise also: Weiter so?

Hierzu fällt mir ein Zitat ein, dass dem Indianerhäuptling „Seattle“ bei einer Rede vor dem US-Präsidenten im Jahre 1855 zugeordnet wird. Die Rede hatte die Überschrift: „Wir sind ein Teil der Erde“. Ein folgende Auszug der Rede beschäftigt sich mit dem, was wir uns selbst mit unserem Lebensstil angetan haben. Seattle schreibt:

[…]Ihr müßt eure Kinder lehren, daß der Boden unter ihren Füßen die Asche unserer Großväter ist. Damit sie das Land achten, erzählt ihnen, daß die Erde erfüllt ist von den Seelen unserer Vorfahren. Lehrt eure Kinder, was wir unsere Kinder lehrten: Die Erde ist unsere Mutter. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde. Wenn Menschen auf die Erde spucken, bespeien sie sich selbst. Denn das wissen wir – die Erde gehört nicht den Menschen, der Mensch gehört zur Erde. Alles ist miteinander verbunden, wie das Blut, das eine Familie vereint. Alles ist verbunden. Was die Erde befällt, befällt auch die Söhne der Erde. Der Mensch schuf nicht das Gewebe des Lebens, er ist darin nur eine Faser. Was immer ihr dem Gewebe antut, das tut ihr euch selber an. Nein, Tag und Nacht können nicht zusammen leben. […]

Ein weiterer Auszug aus dieser Rede beschäftigt sich mit Visionen. Sie behandelt insbesondere die Frage, was wir eigentlich unseren Kindern als Lebensphilosophie vererben. Bei der Erwähnung des folgenden Zitats verlasse ich keinesfalls die Bodenständigkeit. Es geht um die Frage, was wir bereit sind, künftig mehr in unserem Leben zu beachten:

[…] Das Ende des Lebens – und der Beginn des Überlebens! Gott gab euch Herrschaft über die Tiere, die Wälder und den roten Mann, aus einem besonderen Grund – doch dieser Grund ist uns ein Rätsel. Vielleicht könnten wir es verstehen, wenn wir wüßten, wovon der weiße Mann träumt, welche Hoffnungen er seinen Kindern an langen Winterabenden schildert und welche Visionen er in ihre Vorstellungen brennt, so daß sie sich nach einem Morgen sehnen. […]

Das letzte Zitat ist zugleich das Bekannteste und bezieht sich auf eine Weisheit der Cree-Indianer. Dort heißt es:

Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluß vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr feststellen, dass man Geld nicht essen kann.

In der Tat komme ich als Betrachter der derzeitigen Situation nicht umhin, inne zu halten und der Natur zu lauschen. Sagt sie uns nicht „Stopp! Bis hierher und nicht weiter.“? Ich habe andere Autoren gelesen, die von einer „gelben Karte“ gesprochen haben. Dieser Vergleich würde implizieren, dass wir uns theoretisch noch eine weitere „gelbe Karte“ leisten könnten, wirft allerdings auch die Frage auf, was genau eine „rote Karte“ für Konsequenzen hätte.

Wer hoch steigt, kann eben auch tief fallen…

Wir sind hoch gestiegen. Jeder von uns. Wir sind dem Geld hinterhergelaufen. Jeder hatte dabei natürlich eine redliche Absicht, letztlich versucht jeder sein Leben zu leben. Unser Wohlstand ist gewachsen. Niemals hatten wir eine so große Auswahl an Waren. Wir können praktisch zu jeder Jahreszeit alles essen. Fleisch ist als Produkt so günstig geworden, dass wir es jeden Tag mehrmals auf dem Teller haben. Wir produzieren im Überfluss, egal was.

Ying und Yang. Alles hat seine zwei Seiten und diese sollten immer in der Waage gehalten werden, so sagen es die alten Philosophen.

Gleichfalls wurden die Lebensmittel ungesünder. Anstatt der Naturprodukte befindet sich nun wesentlich mehr Chemie in unserem Essen. Wir werden von der Lebensmittelindustrie belogen und betrogen. Ungesundes Essen wird verharmlost, Kennzeichnungen verhindert. Salzwasser wird in Fleisch gespritzt, um es schwerer zu machen. Damit verdient ein Schlachter noch einmal an der Ware. Wollten wir das? Nein. Es wird aber gemacht. Warum? Weil der Profit stimmen muss. Für mich immer noch ein Trauma: Nutella hat vor einiger Zeit seine Rezeptur verändert. Die Erklärung: weil der Kunde das so will. Im Ernst? Ich wollte nicht, dass Haselnüsse durch Palmfett ersetzt werden. Es ist so einfach: Alles auf den Kunden abwälzen – das klappt immer.

Der Profit ist entscheidend und jedes Jahr beweisen zahlen, dass wir es immer besser machen. Die entscheidende Frage war immer schon, wann dieses System zusammenbricht. Letztlich kann niemand seinen Gewinn jedes Jahr noch höher schrauben, ohne eine andere Stellschraube herunter regulieren zu müssen.

Ying und Yang. Beide Seiten befinden sich in einem ständigen Gleichgewicht.

An welchen Stellschrauben kann man drehen, damit der Gewinn tatsächlich auch weiterhin steigt? Natürlich an der Qualität der Produkte, die man verkauft. Irgendetwas an oder in den Produkten muss eben jedes Jahr günstiger werden. Günstiger kann der Herstellungsprozess werden, die Löhne der Mitarbeiter wäre eine weitere Stellschraube und die Stoffe, aus denen ein Produkt hergestellt wird, können evtl. gegen günstigere ersetzt werden.

Ying und Yang. Tatsächlich befinden sich beide Seiten nicht mehr im Gleichgewicht.

Der Profit errechnet sich – ganz platt – durch die Gewinnspanne zwischen An- und Verkauf. Je günstiger ich Waren produziere, umso höher fällt die Gewinnspanne aus. Das also ist das Modell. Sinnbildlich steigt man immer höher auf der Leiter des Profits, ohne tatsächlich irgendwann mal einen Endpunkt zu erreichen. Der Widerspruch: Man weiß, dass es so etwas, wie einen Endpunkt, nicht gibt.  Gleichfalls ist jedem bewusst, dass niemand grenzenlos nach oben steigen kann, ohne Konsequenzen zu erfahren. Von wem könnte man hier besser lernen als von Bergsteigern. Wer ohne die entsprechende Ausrüstung hoch steigt, wird zum Abstieg keine Zeit mehr haben.

Wir sind hoch gestiegen, ohne hierfür eine Absicherung bzw. einen Plan „B“ zu haben. Jetzt folgt die Konsequenz.

Die Krise bringt das Ying wieder zum Yang ins Gleichgewicht. Der Aufstieg ist beendet. Noch bedrückender: Wir fallen ins Bodenlose ohne Absicherung. Alles verkehrt sich ins Gegenteil – für sich eine erfreuliche Nachricht. Nun steht nicht mehr die Wirtschaft und der Profit im Vordergrund, sondern unsere Gesellschaft. Wir haben damit also die Chance bekommen, es diesmal besser zu machen.

Das sind meine Wünsche…

Mit Wünschen ist es ja bekanntlich so eine Sache: Jeder darf sich etwas wünschen, sollte aber nicht enttäuscht sein, wenn sie nicht in Erfüllung gehen. Beispiele: Weltfrieden, gleicher Zugang zur Bildung oder Sieg über die Hungersnot in der Welt.

Dennoch wünsche ich mir, dass wir aus dieser Krise lernen. Ein „so weiter“ kann es aus meiner Sicht nicht geben. Warum? Weil uns dieses „weiter so“ genau in diese Krise geführt hat. Wenn etwas einmal gescheitert ist, sollte man den klugen Sachverstand in alternative Möglichkeiten investieren. Sicherlich ist unsere Wirtschaft sehr wichtig für unsere Gesellschaft. Wie wir allerdings erlebt haben, muss sich alles irgendwie in einem bestimmten Gleichgewicht befinden. Das Ying und Yang der Dinge ist entscheidend. Genau darum geht es in meinen Wünschen.

Ich wünsche mir, dass der Mensch wieder in den Mittelpunkt unserer Gesellschaft rückt. Damit meine ich den Menschen als humanitäres und soziales Wesen und nicht als Konsument. In diesem Kontext ist es ein großer Wunsch von mir, dass sich die Politik von der Wirtschaft abkoppelt. Damit würde es der Politik wesentlich leichter fallen, einen vorurteilsloseren Blick auf seine Bürger werfen zu können. Politik muss unabhängig sein, was sie derzeitig definitiv nicht ist. Insofern dient das Ying und Yang auch als Vorbild für den Blickwinkel der Politik.

Zu den bisherigen Erkenntnissen gehört für mich, dass wir in Deutschland tatsächlich über ausreichend finanzielle Mittel verfügen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre diesbezüglich mein größter Wunsch. Dies könnte einige soziale Schieflagen beseitigen, Sozialhilfe, Harz IV und die Rente wären – einschließlich ihrer umfangreichen Logistik – als Themen abgearbeitet. Die Befürchtung, dass Menschen keinen Anreiz mehr hätten, zur Arbeit zu gehen, ist sicherlich berechtigt. Insbesondere könnte dies jene Arbeitsplätze betreffen, die finanziell bisher nur wenig bis gar nicht gewertschätzt wurden. Allen voran die direkten Dienstleistungen an Menschen, also die Hilfe von Menschen an Menschen.

Demnach ist ein weiterer Wunsch von mir die Erhöhung der Qualität der Arbeitsplätze. Diesbezüglich wären die Arbeitgeber – also die Chefs – gefragt. Sie müssten die Arbeitsplätze attraktiver gestalten, um die Menschen für die Arbeit mehr zu begeistern. Angefangen bei der Ausstattung der Arbeitsplätze und des Führungsstils, über die Gestaltung der finanziellen Wertschätzung (Entlohnung) bis hin zur professionellen Unterstützung im Bereich des Teamworking. Meiner Beobachtung nach liegt hier ein unglaubliches Potential an Möglichkeiten. Ich bin fest davon überzeugt: Die Mehrheit der Menschen in unserem Land wollen arbeiten, erleben ihren Arbeitsplatz allerdings als frustrierend und krankmachend. Die Zahlen der Krankenkassen bestätigen diesen Trend seit Jahren. Soll so auch weiterhin unsere Arbeit aussehen? Ich wünsche mir das nicht.

Ein weiterer Wunsch von mir bezieht sich auf Lebensmittel. Diese müssten wir als höchstes Gut unseres Lebens unter einem speziellen Schutz stellen. Ich würde mir tatsächlich wünschen, dass jeder Bauer direkt für seine Infrastruktur tätig und verantwortlich ist. Er ist verantwortlich für das Gemüse, das Obst und die Tiere. Keine Chemie, keine Medikamente, keine Mästung. Dadurch dürfen die Lebensmittel teurer werden, dies wäre sozusagen das Echo, dass wir als Verbraucher zu ertragen haben. Dies gilt auch für alle übrigen Produkte: keine Zusatzstoffe, keine Chemikalien und keine Ersatzstoffe mehr. Ein Bäcker sollte Bäcker sein, weil er – wie es das Handwerk verlangt – nur die besten Zutaten verwendet. Momentan darf sich jeder Bäcker nennen, der mit Fertigbackmischungen umgeht. Mein Wunsch wäre, auch hier: back to the roots.

Letztlich hätte ich auch für uns selbst einen Wunsch. Ich wünsche mir, dass Eltern insgesamt mehr Zeit füreinander und für ihre Kinder haben. Sie sollten ihre Kinder nicht nur im Leben begleiten, sondern – wie es Seattle sagen würde – sie lehren und sie prägen. Dafür müsste den Eltern insgesamt mehr Zeit zur Verfügung stehen. Einerseits, um sich als Paar nicht aus den Augen zu verlieren, andererseits, um dem Wort „Familie“ wieder Authentizität zu verleihen. Wo immer auch auf Hamsterräder und Abhängigkeiten getroffen wird, müssen diese konsequent beseitigt werden.

Sicherlich habe ich noch viel mehr Wünsche, die ich mit so einem „Reset“ verbinde. Die oben genannten sind mir aber die Wichtigsten.

Bitte verstehen Sie meine Zeilen nicht als ein „sich auskotzen“. Ich schildere lediglich, wie ich selbst unsere Gesellschaft beobachte und einschätze, wohlwissend, dass diese Zeilen keinerlei Einfluss auf irgendwen oder irgendwas haben werden. Ich gebe hier nur meine Sichtweise weiter. Ganz abgesehen von meinen Wünschen wären für mich auch andere Vorgehensweisen nach dieser Krise okay, sofern sie einem „weiter so“ entgegenstehen. Ich bin mir sicher, dass es dazu noch viele andere schlaue Wünsche gibt, die sich gegen ein „weiter so“ stellen.

Insgeheim sagt mir aber mein gesunder Menschenverstand: Diese Welt ist durch den Corona-Virus in einen Schneewitchenschlaf verfallen. Wir wissen: Wenn alle wieder aufwachen, geht alles so weiter, als wäre nichts passiert. Insofern bin ich froh, die Zeit nicht verschlafen zu haben…

1 Kommentar zu „Coronavirus: Wer hoch steigt…“

  1. Ich kann alles was du geschrieben hast voll und ganz unterschreiben und bin auch deiner Meinung, leider wird diese Wahrheit nicht gehört und umgesetzt und wer das äußerst als Spinner abgetan. weil diese Egos uns überall begegnen, besonders bei der Politik und im Management!

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